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Opeth - Deliverance

 

Kaum ein Jahr ist es her, dass Opeth mit "Blackwater Park" einen Dauergast in meinem CD-Player veröffentlicht haben, dementsprechend entzückt war ich über die Nachricht vom Nachfolger "Deliverance". Stilistisch hat sich kaum etwas geändert, eindeutig härter zwar, mit mehr Gebrüll sozusagen, erscheint mir das neue Album, ansonsten wie gehabt: Unglaubliche Akkordfolgen, wunderbare chromatische Läufe, eine eindeutige Vorliebe für die Musik der frühen 70er und ein Faible für ewiglange Lieder (kurzer mathematischer Einschub: eine Lauflänge von 61,51 Minuten ergibt bei 6 Tracks eine durchschnittliche Tracklänge von 10,25 Minuten....). Die Tracks bestehen meist aus mehreren Teilen, bis auf die kurze Instrumentalnummer "For Absent Friends" ist jedes Lied ein mehrteiliges Epos in sich, und doch gibt es einen stilistischen Zusammenhang zwischen den Tracks, der das ganze Album abrundet.

"Deliverance" ist nicht so leicht zugänglich wie "Blackwater Park", um diese komplizierten Endloslieder in den Kopf zu kriegen, braucht es doch einige Hördurchgänge mehr und manchmal auch etwas Geduld, aber "kurz mal ein Lied von Opeth anhören" ist ohnehin noch nie ein guter Zugang zu dieser Band gewesen. Immerhin endlich mal wieder eine Scheibe, die nicht beim 10. Durchlauf schon tierisch nervt, eine Scheibe, bei der man, nachdem sie zu Ende ist, noch 10 Minuten Stille braucht, um drüber nachzudenken, was man gerade gehört hat.

Wie schon bei "Blackwater Park" ist es sehr schwierig, die einzelnen Tracks in wenigen Worten zu schildern. Von Death Metal bis Doom wird die gesamte Bandbreite durchlaufen, ohne dabei jemals das hohe technische Niveau zu verlieren. Zumindest zwei Tracks will ich doch lobend erwähnen: "Fair Judgement" ist der einzige Track, auf dem nur Clean - Gesang zu hören ist, damit auch das ruhigste und melodischste Stück mit Piano - Intro. "Masters Apprentices" ist langsam und treibend und beinhaltet eine für Opeth ungewöhnlich lange Verarbeitung eines einzelnen, groovigen Gitarrenriffs. Nach ca. 4 Minuten ändert sich die Nummer doch ziemlich schlagartig zu Clean - Gesang mit Akustikgitarre und engelsgleichen aaaahhh - Chören, nur um wenig später wieder von Gebrüll abgelöst zu werden.

Spieltechnisch gesehen ist "Deliverance" ein Meisterwerk, die melodischen Gitarrensolos fallen mir da ganz besonders auf. Einziger Kritikpunkt: Der doch ziemlich jazzige Schlagzeugsound ist anfangs äußerst gewöhnungsbedürftig, die Snare klingt ziemlich oft sehr verdächtig nach Jazzbesen.... Trotzdem, unglaublich gute CD, daher auch unglaubliche 10 Punkte (V).

Opeth - Blackwater Park

Bei ihrem aktuellen Werk haben sich Opeth nicht lumpen lassen: 8 Tracks, zumeist mit über 8 Minuten Länge wahre Epen, sind auf dem Silberling zu finden. Stilistische Wechsel sorgen in altbewährter Manier dafür, daß auch innerhalb solcher Mega-Nummern keine Langeweile aufkommt. Chromatische Gitarrensolos wechseln sich mit unisono - Gitarre - Bass - Läufen im Stile der 70er ab, süßester Clean-Gesang geht fast nahtlos in Brüllen über, dann wieder, zum drüberstreuen, ein einsames Klavier oder Gitarrengeklimper... Innerhalb eines Liedes ist praktisch alles möglich, niemals wird eine Idee bis zum bitteren Ende einfach hirnlos weiterverwurstet.

Wer sich eine Scheibe stampfender Ohrwürmer erwartet (was wahrscheinlich bei Opeth keiner mehr tut), hat hier weit gefehlt. Wie schon die Vorgängeralben, braucht "Blackwater Park" Zeit, sich zu entwickeln, dafür gefällt die Scheibe bei jedem Mal anhören besser. Hier Anspieltipps reinzuschreiben, ist eher sinnlos, die Platte ist als Ganzes gedacht und klingt so wohl auch am besten, da so der Kontrast zwischen lyrischen (Led-Zeppelin oder Anathema- ähnlichen) Passagen und den eher heftigen Stellen noch besser wirkt. Erwähnenswert sind sicher auch die meist melancholischen Lyrics, die erzählend und doch sehr poetisch sind. Alles in allem ein grandioses Album für melancholisches Herbstwetter, und damit 9 von 10 Punkten! (V)